Eine öffentliche Anhörung im Rahmen von Vincent Reynouards Berufungsverfahren fand am 11. Januar 2024 in Edinburgh am obersten Zivilgericht Schottlands (Court of Session) statt. Das Gericht hatte darüber zu befinden, ob dem von französischen Behörden bei der schottischen Regierung eingereichten Auslieferungsersuchen stattgegeben werden sollte.
Am 12. Oktober 2023 ordnete Sheriff Christopher Dickson die Auslieferung Reynouards an. Gemeinsam mit seinen Anwälten Paul Dunne und Fred Mackintosh KC hatte Vincent Reynouard gegen dieses Urteil aus erster Instanz Berufung eingelegt.
Es folgt die Übersetzung von Vincent Reynouards Bericht über die Anhörung vom 11. Januar. Die französischsprachige Originalfassung des Berichtes wurde am 13. Januar 2024 auf Vincent Reynouards Blog (blogue.sansconcession.net) veröffentlicht.
Vincent Reynouard
Bericht über die Berufungsverhandlung vom 11. Januar 2024
Verteidigungsrede von Barrister Fred Mackintosh KC
Mein Anwalt trat energischer auf, als er es im erstinstanzlichen Verfahren getan hatte.
Nachdem er in Erinnerung gerufen hatte, dass die Videos, die mir Frankreich zur Last legt, vorrangig den Holocaust thematisieren, unterstrich Herr Mackintosh, dass ich die offizielle Version der Geschichte des Holocaust mit rationalen Argumenten hinterfragt habe. Dabei habe ich bewusst auf Polemik verzichtet.
Dann lenkte mein Anwalt die Aufmerksamkeit auf das vierte Video [Video, das unter Nr. 4 in der Anklageschrift aufgeführt ist], das sich mit der jüdischen Frage befasst.
Er sagte: „Herr Reynouard stimmt Hitler darin zu, dass es ein jüdisches Problem gibt. Seine Erklärung, mit Hitler einverstanden zu sein, mag schockieren oder sogar Besorgnis auslösen. Wenn er allerdings konstatiert, dass er in diesem Punkte weiter gehen würde als Hitler, dann tut er das nicht, um zum Morden aufzurufen. Das Gegenteil ist der Fall. Mein Mandant meint, dass er in der Analyse des Problems weiter gehen würde als Hitler. Er schlussfolgert, dass sich dass jüdische Problem aus Missständen innerhalb unserer Gesellschaft (z. B. Verlust der Spiritualität, Hedonismus) entwickelt hat.”
„Der Satz, der diesen Zusammenhang zum Ausdruck bringt, wurde im Haftbefehl, auf den sich der Richter im Verfahren in erster Instanz bezogen hatte, ausgelassen. Dieser Satz ist [kontextuell] von allergröβter Bedeutung, denn er stellt klar, dass mein Mandant weder einen Völkermord an den Juden noch eine Beseitigung des Judentums befürwortet. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte der Richter anerkannt, dass Herr Reynouard nicht zur Vernichtung von Juden aufruft.”
Fred Mackintosh fuhr fort: „Ich weise darauf hin, dass mein Mandant – im Gegensatz zu Alison Chabloz – nicht satirisch oder sarkastisch wird. Seine Ausführungen bleiben stets ruhig und bedacht.”
In diesem Moment unterbrach ein Richter (magistrate) die Verteidigung zu einer Kurzintervention. Er stellte fest, dass ein offen erklärtes Einverständnis mit Hitlers Sicht, dass es ein jüdisches Problem gäbe, an sich bereits zutiefst beleidigend (grossly offensive) sei. Mein Anwalt erwiderte darauf, dass man meine Aussagen in ihrer Gesamtheit bewerten müsse. Man dürfe einzelne Aussagen nicht losgelöst vom Gesamtkontext betrachten.
Herr Mackintosh wiederholte, dass Groβbritannien bisher davon abgesehen hat, geschichtsrevisionistische Forschungen und Veröffentlichungen strafrechtlich zu verfolgen.
Er sagte: „Herr Reynouard ist Revisionist. Aus diesem Grunde wird er juristisch verfolgt. Seine Auslieferung unter Bezugnahme auf Section 127 des Communications Act anzuorden, d.h. unter Bezug auf ein Gesetz, das ursprünglich eingeführt worden war, um obszöne Telefonanrufe zu unterbinden – das würde einen Missbrauch dieses Gesetzes darstellen.”
Die Ausführungen der Anklage
Staatsanwalt Paul Harvey ergriff das Wort. Er begann seine Rede folgendermaβen: „Herr Reynouard leugnet nicht nur den Holocaust. Er leugnet ebenso das Massaker von Oradour-sur-Glane durch die SS. Dieses Massaker forderte 643 Todesopfer.”
Mit dieser Anschuldigung versuchte der Staatsanwalt, mich als einen Dummkopf zu präsentieren, der den Tod von 643 Zivilpersonen abstreitet. Dergleichen habe ich niemals getan. Dieser intellektuell unehrliche Winkelzug des Staatsanwaltes zielte offenbar darauf ab, Schlüsselargumente der Verteidigung zu entkräften. Die Verteidigung hatte immer betont, dass ich mich ausschlieβlich auf rationale Argumente stütze.
Der Staatsanwalt ging in seiner Rede weiter darauf ein, dass der Richter im erstinstanzlichen Verfahren den Inhalt meiner Videos zu Recht als zutiefst beleidigend bewertet habe. Allerdings wagte er nicht, erneut zu behaupten, dass ich mit meiner Aussage, „dass ich weiter als Hitler gehen würde”, einen „erschreckenden Antisemitismus” an den Tag gelegt hätte. Ein solcher Vorwurf wäre tatsächlich allzu lächerlich gewesen.
Dann wandte sich der Staatsanwalt dem Anklagepunkt des Hausfriedensbruches zu. Man erinnere sich, dass im erstinstanzlichen Verfahren Sheriff Dickson diesen Anklagepunkt als unbegründet verworfen hatte. Herr Harvey meinte, dass der Sheriff sich in diesem Punkte geirrt habe.
Er erklärte: „Wenn die Videos in Frankreich gesehen werden, dann erhöhen sie bei einigen der Zuschauer das Risiko, dass sie sich von Herrn Reynouard dazu aufgestachelt fühlen, antisemitische Handlungen zu verüben.” Das Hauptargument der Gegner der Meinungsfreiheit ist in dieser Äuβerung leicht wiederzuerkennen: „Sie können Ihre Meinung frei äuβern – immer vorausgesetzt, dass Sie mit Ihrer Meinung bei gewissen Leuten keinen Hass auslösen.”
Mein Anwalt antwortete darauf, dass ich in meinen Videos nicht zu irgendwelchen Handlungen aufrufe, sondern dass ich meine Zuschauer zum Nachdenken anrege, indem ich ihnen Denkanstöβe gebe. Das hat nichts zu tun mit Aufrufen zur Gewalt, mit rassistischen Beleidigungen oder mit satirisch-sarkastischen Liedern. Das hat auch nichts gemein mit unzweideutigen Ausrufen oder Gesten, die normalerweise als Hausfriedensbruch interpretiert werden können.
In Erwartung des Gerichtsurteils
Die Richter werden ihr Urteil am 1. Februar 2024 verkünden. Nach der Anhörung vom 11. Januar wage ich nicht, irgendeine Vorhersage zu treffen. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Alles wird sich in den Köpfen der drei Richter abspielen, die ein Urteil zu fällen haben. Deren geistige Verfassung kenne ich nicht.
Wenn sie tatsächlich frei nach ihrem Gewissen urteilen, dann haben sie eine Wahl. Falls sie im Einklang mit dem Prinzip der Meinungsfreiheit handeln und meine Freilassung befürworten, dann werden sie sich dem Standpunkt der Verteidigung anschlieβen. Anderenfalls werden sie es vorziehen, den Standpunkt der Anklage zu teilen. Die Richter werden in keiner Weise zur Rechenschaft gezogen werden – zumindest nicht in diesem Leben.
Ich bleibe indessen gelassen. Wie auch immer dieses Gerichtsverfahren für mich ausgehen mag, ich werde weiterhin dem Revisionismus dienen. Einige Leute meinen, dass ich in Freiheit nützlicher wäre als im Gefängnis. Ich denke, dass das nicht unbedingt der Fall ist. Repressive Maβnahmen über sich ergehen zu lassen kann auch heiβen, Zeugnis von der Wahrheit abzulegen. Zukünftige Generationen werden sagen: „Er hat rationale Argumente vorgebracht und eine faire Debatte vorgeschlagen. Sie aber haben ihn bis nach Schottland verfolgt und ihn dann geknebelt.” Die Schlussfolgerung daraus liegt praktisch auf der Hand.
Ein Nachwort
Kurz bevor ich in den Bus zurück ins Gefängnis einstieg, flüsterte mir ein Gefängniswärter zu: „Sie sind ein Held. Ja, ein Held.” Ich selbst sehe mich nicht als Helden. Ich halte mich für einen Mann, der seine Aufgabe gegenüber den Seinen erfüllt hat. Dennoch hat mich dieser Ausdruck von Achtung durch einen einfachen Beamten gerührt. Ich betrachte ihn als Zeichen der Vorsehung, dass meine Arbeit im Verborgenen Früchte trägt und dass der Revisionismus Fortschritte macht.
Ich werde niemals aufgeben.
Nochmals meinen Dank an alle, die mich unterstützen.
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